Der Autor dieses Artikels versucht, den Einfluss des Werkes des griechischen Historikers Silenos auf die Darstellungen des Zweiten Punischen Krieges (218-201 v. Chr.) und die Gestaltung des Propagandabildes von Hannibal zu bestimmen. Die Vorstellung von Silenos' Werk wird durch dessen Schilderung eines römischen Lesers seines Werkes, nämlich des Annalisten Lucius Celius Antipater, beeinflusst. Das Erkennen von formalen und inhaltlichen Prinzipien dieses Berichts macht es möglich, kohärente Elemente im Werk beider Autoren aufzuzeigen und Aussagen in Bezug auf die Richtung der von Antipater vorgenommenen Veränderungen zu formulieren. Silenos griff als griechischer Historiker, der ein für die punische Seite günstiges Bild der Ereignisse konstruieren wollte, auf eine Reihe von literarischen Eingriffen zurück, um vor allem den karthagischen Feldherrn in ein günstiges Licht zu rücken. Bei der Kreation des Bildes dieses Feldherrn bezog er sich auch auf einige Elemente aus der religiösen Sphäre, was an zwei Episoden zu sehen ist, die in Ciceros De Divinatione nebeneinander stehen: Hannibals Traum zu Beginn der Invasion auf die Apenninenhalbinsel und der Aufenthalt des Feldherrn in Capo Colonna am Ende des Feldzugs in Italien. Eine Analyse dieser Episoden zeigt, dass sie auf Silenos zurückgehen, was die These stützt, dass Hannibal sein Propagandabild mit verschiedenen Mitteln aufbaute. Neben formalen Bezügen zur hellenistischen Literatur wurde auch eine Kommunikationssprache verwendet, die ihren Ursprung in der "hieratischen" Darstellung der eigenen Leistungen hatte und sich auf die nahöstliche Tradition bezog. Das Wesen solcher Darstellungen bestand darin, zu zeigen, dass die Welten der Götter und der Menschen einander durchdringen und dass Herrscher dank "wundersamen" Attributen der Macht, die sie erlangen, bereit sind weitere Erfolge zu erzielen. Die Methode, mit der Celius den ursprünglichen Text von Silenos modifiziert hat, lässt sich als vermutlicher Versuch aufdecken, die Hauptintention, d.h. die Gleichstellung Hannibals dem karthagischen Götterhäuptling, zu verschleiern.
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